Web.de verzichtet auf IVW-Messung
Von Sebastian
Holzapfel
[21.04.2001] - Mit sofortiger Wirkung
hat sich Web.de, eines der großen Portale im deutschen
Internet, aus der IVW-Messung verabschiedet. Wie die
Karlsruher in einer Pressemeldung erklärten, habe auch
das neue IVW-Verfahren (>>wir
berichteten) "zu viele strukturelle Schwächen".
Web.de war erst vor einem Jahr im April
2001 in die IVW-Messung eingetreten und konnte mit
zuletzt über 70 Millionen Visits und 650 Millionen
Pageimpressions meist den Spitzenplatz in der Kategorie
"Vermarktungsgemeinschaften" einnehmen. Die
Hauptkritikpunkte der Web.de-Werber am
IVW-Verfahren:
- Die IVW-Messgrößen Visit (zusammenhängender
Nutzungsvorgang durch einen User) und Pageimpression
(Zahl der abgerufenen Seiten bei einem
Nutzungsvorgang). Diese seien für eine umfassende
Mediaplanung nicht aussagekräftig genug, da sie weder
etwas über die Reichweite eines Online-Angebotes
aussagten, noch über die Nutzer- und damit
Zielgruppen.
- Die "selektive Mitgliedschaft" im
IVW-Verfahren. So würden bedeutende Player im
deutschen Markt wie T-Online, Yahoo oder Lycos nicht
gemessen. Eine Repräsentativität der Zahlen sei
deshalb nicht gegeben.
- Die Zuordnung von Web.de zur Kategorie
"Vermarktungsgemeinschaften". "Ohne plausible
Begründung" werde Web.de im Gegensatz zu anderen
Internetportalen wie AOL eine Klassifikation des
Angebots unter der Rubrik "General Interest" verwehrt.
Dies sei aber die einzige Qualifizierung, die "der
Breite und Tiefe des Web.de-Angebots Genüge leisten
würde."
- Der Einsatz des Zählpixels. Laut Web.de
setzt die IVW zur Erfassung ihrer Messgrößen ein
Cookie ein, was im Hinblick auf den Schutz
persönlicher Nutzerdaten als problematisch angesehen
wird.
Als Alternative zur IVW-Messung hat
sich Web.de der "Arbeitsgemeinschaft Internet Research
e.V." (AGIREV) angeschlossen, der außerdem
Onlinedienstleister wie AOL, Economy One, G+J EMS,
Interactive Media oder Tomorrow Focus angehören. Der von
der AGIREV entwickelte Online-Reichweiten-Monitor (ORM)
biete in der ersten Teilwelle (ORM 2002/I) die
Möglichkeit, "hochwertige, standardisierte Mediaplanung
auf der Basis kombinierter Reichweiten- und
Strukturdaten zu betreiben", so Web.de.
Verdrängungskampf der
Messverfahren?
Ist die AGIREV also eine Konkurrenz für
die IVW, der ORM als neuer Standard, der Visits und PI
ablösen kann? Auch wenn es für Spekulationen in diese
Richtung noch reichlich früh ist, scheint ein
Verdrängungskampf zwischen beiden Messverfahren eher
unwahrscheinlich. Schon die Zusammensetzung der AGIREV
aus vorwiegend E-Commerce-getriebenen Websites und
Anbietern zeigt, wo die Stärken des ORM liegen werden.
Er könnte mittelfristig ein wichtiges Tool für die
Kampagnen-Planung der Agenturen werden mit Daten zu
Zielgruppen, Nutzungsintensitäten und vielleicht sogar
zu Nutzungssituationen verschiedener Angebote.
Ähnliches kennt man aus dem
Print-Bereich von Studien wie der "Leseranalyse
Entscheidungsträger" (LAE) oder Copy-Tests im Hinblick
auf die Anzeigen-Wahrnehmung in unterschiedlichen
Titeln. Diese werden bei der Mediaplanung durchaus
beachtet, stellen jedoch erst im Zusammenhang mit der
harten Währung "verkaufte Auflage" sinnvolle
Entscheidungshilfen dar. Auch bei den Online-Medien
könnte sich auf Dauer dieses "duale Messsystem"
etablieren. Eher qualitative Verfahren wie der ORM
könnten dann die quantitativen IVW-Ranglisten ergänzen.
Media-Planer könnten sich dann bei ihren Entscheidungen
eher auf den ORM beziehen, während sie für die
Abrechnung ihrer Anzeigenschaltungen sicher nicht auf
die Nutzungszahlen verzichten möchten.
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Weiterführende
Links |
- Neues
Messverfahren der IVW: Seit dem 1. Januar
2002 misst die IVW die Zugriffe auf
Online-Angebote mit einem neuen Verfahren, das
für die meisten gemessenen Online-Medien
deutlich weniger Visits (Besuche) bei annähernd
gleich bleibenden Pageimpressions (Seitenabrufe)
ausweist.
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